Berg und Tal in der zeitgenössischen Kunst

Berg und Tal in der zeitgenössischen Kunst

… wo sich schroffe Gebirge zu sanften Hügelketten wandeln und enge Täler in weiten Ebenen ausklingen – ein Untertitel wie aus einem Werbeprospekt für Wanderurlaube in Niederösterreich!? Aber jenseits von plakativ inszenierter Naturschönheit tauchen vor dem geistigen Auge andere, subtilere Bilder auf und man erinnert sich an Gemälde und Zeichnungen alter wie zeitgenössischer Meister.

Landschaftsdarstellungen spielten und spielen in der bildenden Kunst des Abendlandes eine nicht unerhebliche Rolle. Mit ihren vielschichtigen Bedeutungsebenen, die sie während der einzelnen Epochen u. a. durch literarische Zuordnungen und vor allem durch die Besetzung mit emotionalen Befindlichkeiten erfuhren, bestimmen sie jenes kollektiv abrufbare, visuelle Gedächtnis mit, das uns heute über Landschaftsmotive so reich assoziieren lässt.

Als mehr oder weniger realistisch wiedergegebene Gefilde dienten sie seit der Antike als Bühne für mythologische, biblische oder historische Erzählungen, denen sie durch die „Verortung“ der jeweiligen Szene zu Präsenz und Wahrhaftigkeit verhalfen. Daneben hatte das „Porträtieren“ eines Gebiets oftmals wirtschaftliche Hintergründe, ließen Adel wie Klerus ihre Herrschaften und Ländereien, Wein- und Obstgärten malen und dokumentierten damit ihre Besitzansprüche. Begrenzt vom Meer, durchflossen von Gewässern jedweder Art begegnen uns Höhen und Niederungen darüber hinaus im Sinn der „Weltlandschaft“, wo sich auf einem Bild die unterschiedlichsten Gegenden zum großen Ganzen der Schöpfung drängen.

Die Entwicklung zur eigenständigen Gattung innerhalb der Malerei vollzog sich schrittweise. Eine Verlagerung des Interesses wird in dem Moment deutlich, als die Figürchen, immer kleiner geworden, zur Staffage geraten, während die von Emotion erfüllte Landschaft, welche zuvor die jeweilige Erzählung lediglich wie ein Grundton stimmungsvoll unterlegt hatte, plötzlich die Hauptrolle übernimmt – sei sie nun heroisch, arkadisch-lieblich oder gar bedrohlich gezeichnet.

Die Beschäftigung mit diesem Genre lässt sich ohne Unterbrechung vom Barock, über die Romantik zur Pleinairmalerei des Impressionismus und weiter bis ins 20.Jahrhundert verfolgen. Die auflodernde gesellschaftspolitische Skepsis wird nun in der expressiven Deformation der gesehen Wirklichkeit gespiegelt. Aber nicht nur hiervon wird die Landschaftsdarstellung ergriffen, gleichzeitig dient sie als Ansatz für reduktionistische Tendenzen, die sie auf ihre elementaren Bestandteile, auf Farbe und Form zurückführen – man denke an die meditativen Interpretationen von Mark Rothko (1903-1970) oder Agnes Martin (1912-2004). Bei diesen exemplarischen Vertretern einer radikal abstrahierenden, im freien Gestalten mündenden Entwicklung fallen Ausgangspunkt und Endpunkt der künstlerischen Überlegungen in eins: Es beginnt wie es endet – mit der Landschaft.

Dieser unerschöpfliche historischen Fundus an Ideen und Gestaltungsmöglichkeiten dient der zeitgenössischen Kunst als Referenz, gleichzeitig reagiert sie selbstverständlich auch auf jene zivilisatorischen Entwicklungen, die zu einem thematischen Paradigmenwechsel im Bereich der Landschaftsschilderung führten: war es zuvor immer die einschüchternde Gewalt der Natur, von der sich der Mensch bedroht sah, ist es nun – zumindest vorübergehend – umgekehrt.

Diese Künstler und Künstlerinnen sind vertreten:
Christy Astuy, Michael Blank, Karin Ferrari, Rudolf Goessl, Josef Kern, Bettina Letz, Martin Musič, Oswald Oberhuber, Yvonne Oswald, Martin Pohl, Hubert Roithner, Hans Schabus, Robert Scheifler, Werner Schnelle, Martin Schrampf, Claudia Schumann, Fritz Simak, Karl-Heinz Ströhle, Alois Tösch, Anton Wichtl, Klaus Dieter Zimmer.

Konzept und Kuratierung: Andrea Jünger BA

Die Ausstellung in Reichenau an der Rax zeigte eine Auswahl. Zur Ausstellung erschien ein Katalog.

 

Vernissage
war am Mittwoch, dem 24. Juni 2015, um 18.00 Uhr im Kulturschloss Reichenau, Schlossplatz 9, 2651 Reichenau an der Rax

Begrüßung
Bürgermeister Johann Ledolter, Roswitha Straihammer, Leitung NöART

Einführende Worte
Andrea Jünger, Kuratorin der Ausstellung

Eröffnung
Abgeordneter zum NÖ Landtag Hermann Hauer in Vertretung von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll

Musikalische Umrahmung
Hans Lanner Regionalmusikschulverband

 

Ausstellungsdauer
war vom 25. Juni bis 12. Juli 2015 im Kulturschloss Reichenau an der Rax.

 

(Foto: © Bildrecht, Wien, 2015)